Das Kunstmuseum in Beijing lässt mir noch keine Ruhe.
Nachdem wir einige Räume mit mehr oder weniger platten Werken des „Sozialistischen Realismus“ durchwandert hatten, in denen beglückt strahlende Menschen von der Sonne des Großen Vorsitzenden erleuchtet werden (ich kenne solche Bilder von damals zur Genüge), brach die Sequenz abrupt ab und wir fanden uns in einen Raum mit dem Motto „Traumas and Reflection„.
Hier ist das berauscht-seelige Lächeln einem fragenden, skeptischen, ernüchterten Blick gewichen. Der Stil ist meist realistisch oder – was damals aktuell war – fotorealistisch. Aber die Farben sind dunkler, und der Inhalt radikal verschieden von dem, was vorher obligatorisch war.
Leider sind von diesen Bildern nur wenige ausgestellt. Aber sie gingen mir sehr nahe. Sie bringen eine Illusionslosigkeit zum Ausdruck, die man als eine Unterströmung des heutigen China begreifen muss.
程丛林 Chéng Jungle, ‚xx. xx. 1968 Schnee‘, 1979
李斌, Bin, Sacrificing Oneself, 1980
Dies ist das einzige Bild, das in der online-Bibliothek des Museums nicht zu finden war.
油画 Wang, Bole, 1980
油画 Duoling, Spring is Awake, 1981
朱毅勇, Zhuyi Yong, Village Shop, 1984
Trauma und Reflektion
20 Donnerstag Jun 2013
Posted Beijing, Nachbereitungen
in
Kurt sagte:
Lieber Hajo,
Schade, dass ich das verpasst habe. Über Deinen Satz „Aber sie gingen mir sehr nahe. Sie bringen eine Illusionslosigkeit zum Ausdruck, die man als eine Unterströmung des heutigen China begreifen muss.“ möchte ich gerne weiter nachdenken und mit Dir diskutieren.
Illusionslosigkeit kann ja einerseits zur Resignation führen, andererseits aber auch zu einer Aufbruchsstimmung nach dem Motto „nichts mehr zu velieren zu haben“ oder „jetzt erst recht“. Meinst Du etwas in diese Richtung?
Ich denke, dass ausserdem im heutigen China das Gefühl einer grossen Freiheit bei den Menschen angekommen ist. Nicht als „anything goes“, sondern als das eine Art „Erlösung“ von der Illusionslosigkeit.
Dass dies Entwicklung auch Gefahren birgt ist offensichtlich.
Beste Grüsse
Kurt